Der neue Lobbyismus

Es gab einmal eine Zeit, in der war es verständlich, dass die Politik vor allem dem Allgemeinwohl zu dienen habe. Es war eine Zeit, in der Ehre und Tugend zwar genauso wenig galten wie heute, dafür aber die existierte, über die eigene Bereicherung zu stolpern und notfalls alle erworbenen Pfründe zu verlieren. Nicht mehr so heute. Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder ist eines der besten Beispiele hierfür.

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Nur wenige Tage vor der Bundestagswahl 2005, wohnte der Unterzeichnung der Gründung der North Stream-Pipeline bei, die Gas direkt von Russland nach Deutschland liefern sollte. Ein Projekt, welches insbesondere Polen diffamierte, nachdem es vollkommen umgangen wurde. Nach den Erfahrungen Polens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als wiederholt zwischen Deutschland und Russland aufgeteilt wurde, eine verständliche Reaktion. Viel schlimmer aber wog, dass Schröder nach der verlorenen Bundestagswahl, in den Aufsichtsrat von North Stream wechselte und sich damit als Sprachrohr Russlands im Westen anbiederte.

Noch während seiner Kanzlerschaft, hatte sich Schröder mit dem damaligen und heutigen russischen Präsidenten angefreundet. Sie duzen sich und Schröder dankte es Putin mit der Aussage, „Russland eine lupenreine Demokratie“ sei und Putin „ein lupenreiner Demokrat.“. In Anbetracht der Massenproteste in 2012, die Putins dritte Amtszeit als Präsident verhindern sollten, entbehren diese Aussagen nicht einer gewissen Ironie. Auch handelt es sich beim russischen Partner der North Stream um Gazprom, den russischen Staatskonzern, in dessen Aufsichtsrat wiederum Putin sitzt. Ein Konzern, der für die nachhaltige Zerstörung der russischen Taiga und Tundra verantwortlich ist. Doch in Deutschland kennt man ihn lieber als Sponsor des Fußballklubs Schalke ’04 und gibt sich gern ein sauberes Image.

Doch nicht nur Schröder hat sich schnellstmöglich in die private Wirtschaft verabschiedet, als er aus der Politik ausgestiegen. Viele andere haben es ihm nachgemacht. Joschka Fischer, Otto Schily, Roland Koch. Die Liste kann noch unendlich fortgesetzt werden. Und die meisten von ihnen sind danach in Bereichen tätig, in denen sie in ihrer politischen Verantwortung tätig waren. Ein Schelm wer denkt, dass dies nichts miteinander zu tun hätte.

Andere Länder sind damit schon viel weiter. Sie belegen ihre ehemaligen Abgeordneten und Funktionsträger mit einem zumindest kurzfristigen Tätigkeitsverbot von ein oder zwei Jahren. Es ist zumindest der Versuch, die Unvereinbarkeit vereinbar zu machen.

Was wir brauchen, ist ebenso ein solches Betätigungsverbot. Zumindest für zwei Jahre oder jeweils einen Monat, für jedes Jahr, das eine Angehörigkeit im Parlament oder eine anderen Funktion widerspiegelt. Damit kann auch dem Punkt gerecht werden, dass jemand auch nur kurz im Parlament sein kann und nur wenige Kontakte besitzt. Für ihn ist es dann auch reichlich schwerer sein Auskommen im Lobbyismus zu finden. Wer aber auf Jahrzehnte im Parlamente bereits ist, der hat zumeist auch die Kontakte, eine neue Tätigkeit bei diesen zu finden.

Korruption und Verflechtungen liegen meist nicht weit voneinander. Die Demokratie muss aber ebenfalls auf solche bauen können, die nicht zwingend Kapital aus ihrer politischen Erfahrung ziehen möchten. Denn Volksvertreter zu sein bedeutet auch, für dieses Land und seine Menschen da zu sein.

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